von Karlheinz Reimann,

geschrieben 1995, überarbeitet im Februar 2014 

Johannes Ebert K

Johannes Ebert hat als Bürgermeister die Ortschaft Kleinolbersdorf mit seinen Visionen und durch sein engagiertes Wirken in herausragender Weise geprägt. Unter seiner Führung wurde die Siedlung Gartenstadt geplant und mit ihrem Bau begonnen. Er hat eine moderne Infrastruktur für das Dorf angestrebt und diese teilweise zum Ausbau gebracht. Selbst ein kleines Gewerbegebiet vor Roschers Gut hatte er vor Augen. Aber durch seine unbeugsame demokratische Überzeugung ist er zweimal politisch gescheitert: 1933 an den Nationalsozialisten und 1948 an den Kommunisten.

                           Johannes Ebert 1952 (Bild: Tochter
                           Brigitte Voigtmann)

                                   

                                                                                                    

 

 Am 10.Mai 1895 wurde Johannes Max Ebert als Sohn eines Tischlers bei Adorf im Vogtland geboren. Nach dem Besuch der Schule in Adorf absolvierte er eine Berufsausbildung zum staatlichen Verwaltungsbeamten und erhielt später eine Anstellung als Gemeindekassierer in Falkenau bei Flöha. Am 5. September 1920 übergab der bisherige Gemeindevorstand Müller die Amtsgeschäfte in Kleinolbersdorf an den neuen Gemeindevorstand Johannes Ebert. Schauen wir zurück in unsere Gemeinde dieser Jahre und auf das Wirken von Bürgermeister Ebert.

In der Zeit der Inflation nach dem ersten Weltkrieg richtet Johannes Ebert seine Kraft besonders auf das Erstarken der Ortschaft Kleinolbersdorf. Der ehemalige Gemeindekassierer versteht es, selbst bei spärlicher Kassenlage eine Entwicklung in Gang zu setzen. Millionenbeträge wie heute hat er freilich nicht zur Verfügung. Ab 1925 entstehen Planungen für den Bau der Siedlung Gartenstadt und den Ausbau der Gemeinde zum Erholungsort. Trotz überall knappen Geldes motiviert Bürgermeister Ebert die Bauherren, größer als für den Eigenbedarf zu bauen und Gästezimmer zu schaffen. „Luftkurort" und „Sommerfrische" sind häufig gebrauchte Worte in dieser Zeit. Johannes Ebert legt großen Wert auf moderne Versorgungssysteme. Oberirdische Elektroleitungen mit Straßenbeleuchtung, für die Siedlung Gartenstadt, der Anschluss an die Stadtgasversorgung von Chemnitz und eine eigene Trinkwasserversorgung mit einem Tiefbrunnen in Fiedlers Grund sowie Abwasserleitungen werden gebaut und Fußwege angelegt. Selbst ein kleines Gewerbegebiet in der Nähe von Roschers Gut wird angedacht. Aber auch Landschaftsplanung und der Schutz von Feuchtwiesengebieten – heute würde man von Biotopen sprechen – finden sich in den Planungskarten aus dieser Zeit. (1)

Ab 1930 werden in der Siedlung Gartenstadt die ersten Häuser gebaut, darunter in endgültiger Verbundenheit mit Kleinolbersdorf 1934 ein Haus für Johannes Ebert selbst. Gartengestaltung und Imkerei – er ist auch Vorsitzender des Bienenzüchtervereins – sind Teil seiner Freizeitbeschäftigung. „Obst und Gemüse aus dem Garten waren damals sehr begehrt und ein Zierstrauch für den Garten ein willkommenes Geschenk", erinnert er sich. (2) Für die Freiwillige Feuerwehr lässt Johannes Ebert Uniformen anfertigen. Und, trotzdem das Vorhaben durch die wachsende nationalsozialistische Bewegung boykottiert wurde, erreicht Johannes Ebert, dass eine Kraftomnibuslinie zwischen Chemnitz und Kleinolbersdorf eingerichtet wird.

Der parteilose, aber sozialdemokratisch gesinnte Bürgermeister Johannes Ebert ist seit Beginn der dreißiger Jahre zunehmend politischen Angriffen, persönlichen Intrigen und später auch wiederholt kurzzeitigen Verhaftungen ausgesetzt. Ende 1933 wird Johannes Ebert von den Nationalsozialisten aus dem Amt verwiesen. Er ist geraume Zeit arbeitslos, später erhält er eine Anstellung beim Landratsamt Chemnitz.

Nach dem totalen Zusammenbruch des Nationalsozialismus wird Johannes Ebert im Sommer 1945 wieder als Bürgermeister in Kleinolbersdorf eingesetzt. Erneut richtet er unter den schwierigen Bedingungen der Nachkriegszeit seine Kraft auf die Entwicklung der Gemeinde. Unter seiner Regie wird in freiwilliger Arbeit das Mehrzweckgebäude am Gemeindegut (heute abgerissen) gebaut, in dem auch die Poststelle und ein Frisörsalon eingerichtet werden. Der Lohn für ein Tagwerk ist ein Zweipfundbrot, das die freiwilligen Helfer damals dankbar entgegennehmen. Rachegefühle oder gar Vergeltung gegenüber seinen ehemaligen Widersachern zeigt Johannes Ebert nicht. Mit Großmut sucht er die Zusammenarbeit mit allen konstruktiven Kräften für den Neubeginn des wirtschaftlichen und politischen Lebens in der Gemeinde.

Als Bürgermeister wird Johannes Ebert auch zur Parteimitgliedschaft gedrängt. Obwohl er als Bürgermeister lieber neutral und für alle Einwohner gleichermaßen da sein will, muss er sich entscheiden und wird Mitglied der SPD. Der Zwangsvereinigung zur SED folgt Johannes Ebert aber nicht. Einige Zeit danach, etwa 1948, wird Bürgermeister Ebert nun von den neuen Machthabern wieder aus dem Amt gewiesen. Bis zum Erreichen des Ruhestandes ist Johannes Ebert in verschiedenen Privatfirmen in Chemnitz tätig. (3)

In den folgenden 40 Jahren bis zur Wende 1989 sind in Kleinolbersdorf 12 Bürgermeister im Amt gewesen. Eine bedeutende Weiterführung der Gemeindeentwicklung im Sinne der weitsichtigen Planung von Bürgermeister Ebert ist in dieser Zeit nicht zustande gekommen. Dem erst 1990 nun frei gewählten Gemeinderat blieb es vorbehalten, an seine Pläne anzuknüpfen und angepasst an heutige Gegebenheiten weiterzuführen.

Am 14. April 1979 starb Johannes Ebert in Kleinolbersdorf, wo sich auf dem Friedhof seine letzte Ruhestätte befindet. Bürgermeister Ebert hat in herausragender Weise zum Wohle der Gemeinde Kleinolbersdorf gewirkt. Seine Tätigkeit war geprägt von großer Sachkompetenz und großer Sparsamkeit im Umgang mit öffentlichen Mitteln sowie von der Fähigkeit, die Einwohner für die Entwicklung der Gemeinde zu motivieren. Mit großem Einfühlungsvermögen für das Dorf in seiner reizvollen Umgebung und mit seiner beschaulichen Stille am Rande der Stadt Chemnitz mit ihrem hektischen Treiben hat er die bauliche Erweiterung gefördert und den Erholungswert von Kleinolbersdorf zu nutzen gesucht.

Als Vater ist Johannes Ebert auch durch seine Konsequenz, eine gewisse Strenge, aber andererseits auch durch Güte in Erinnerung geblieben. Persönliche Integrität und Charakterstärke waren für ihn unabdingbare Pflicht. Politisches Zweckverhalten um persönlicher Vorteile oder einer Karriere willen war seine Sache nicht. (4) Diese unbeugsame Aufrichtigkeit ist ihm in zwei politischen Systemen zum Verhängnis geworden, in denen der einzelne nur bei Unterwerfung unter das System Bedeutung erlangen konnte und Andersdenkenden nach der Maxime begegnet wurde: „Wer nicht für uns ist, der ist gegen uns".

Johannes Ebert hatte den Mut und die Würde, in diesen Systemen an seiner Aufrichtigkeit festzuhalten und auch daran zu scheitern. In Würdigung seines verdienstvollen Wirkens als Bürgemeister für Kleinolberdorf und seiner charakterfesten persönlichen Haltung erhielt die neue Erschließungsstrasse im Baugebiet Gartenstadt-Nord auf Beschluss des Gemeinderates von Kleinolberdorf-Altenhain am 10. Mai 1995 den Namen "Johannes-Ebert-Straße".

Johannes-Ebert-Straße

 Johannes-Ebert-Straße im Neubaugebiet  Gartenstadt-Nord 

 

 Anmerkungen:

(1)   Unterlagenbestand Gemeinde Kleinolbersdorf-Altenhain
(2)   Johannes Ebert 1970 im Gespräch mit Karlheinz Reimann
(3)   Erinnerungen der Töchter Christa Haase und Brigitte Vogtmann
(4)   Erinnerung der Tochter Brigitte Vogtmann